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Energiemanagement

«Transparenz ist gerade im Energiebereich wichtig.»

Wert der IT im Zusammenspiel mit der Energie.

Technologie für mehr Nachhaltigkeit: Wie lässt sich das Versprechen einlösen? Christian Zeyer, Geschäftsführer des Verbands swisscleantech, über den Wert der IT im Zusammenspiel mit der Energie.

Christian Zeyer promovierte an der ETH Zürich im Bereich Photovoltaik. Inzwischen setzt er sich als Geschäftsführer von swisscleantech für umweltverantwortlich handelnde Schweizer Unternehmen ein.

Ist die IT nun ein Umweltsünder oder nicht?
Christian Zeyer: Das muss man relativieren. Streaming und Social Media machen den grössten Teil des Datenverkehrs im Internet aus. Klar, man kann sich die Frage stellen, ob die Verbrauchszunahme beispielsweise durch den Konsum von Videoclips auf dem Handy den zunehmend grösseren CO₂- Fussabdruck von IT rechtfertigt. Im Vergleich dazu sind im Bereich der industriellen Anwendung die benötigten Bandbreiten meist klein, der Hebel aber gewaltig.

Woran denken Sie?
Die intelligente Steuerung von Gebäuden, von Verkehr, Stromnetzen oder die virtuelle Mobilität sind nur möglich dank grossen Fortschritten in der Digitalisierung. Dieses Potenzial ist um Faktoren grösser als der eigene Footprint. Zudem führen neue Technologien wie 5G auch zu einer laufenden Steigerung der Energieeffizienz.

Wo genau?
Generell sind immer da die Potenziale gross, wo durch zusätzliche Messdaten Transparenz geschaffen werden kann. Ob man nun Temperaturen, Verbräuche, Vibrationen, Lagerbestände oder Geschwindigkeiten misst – immer sind sie die Grundlagen für die Optimierung von Prozessabläufen. Hier wird in Zukunft auch das maschinelle Lernen eine immer wichtigere Rolle spielen. Transparenz ist gerade im Energiebereich wichtig. Mit der Integration von erneuerbaren Energien ins Stromsystem ist diese Transparenz Voraussetzung für Effizienz, Demand-Side-Management und auch die Sektorenkopplung. Der Rollout von Smart Metern ist ein wichtiger und überfälliger Schritt, der aber nicht reichen wird.

Was raten Sie Unternehmen?
Nachhaltigkeit ist ein breites Feld und umfasst soziale, ökologische und wirtschaftliche Themen. Wir fokussieren als Verband auf die zentralen Aspekte Energie und Klima. Auch hier gilt: Als Erstes braucht es Transparenz. Wo fallen bei mir die grössten Umwelteffekte an? Wie verlaufen die Stoff- und Energieströme? Dann gilt es, die Kosten von Massnahmen abzuschätzen und in die Investitionsplanung einzubeziehen. Meist sind die ersten Schritte aber regeltechnischer Natur. Hier sind die Payback-Zeiten besonders attraktiv und betragen oft wenige Jahre. Die wichtigste Frage aber ist: Welches sind die grössten Hebel, die ich als Firma habe? Es braucht ein «Chancen-Mindset», mit ambitionierten Reduktionszielen über die gesamte Supply Chain hinweg, mit den eigenen Angeboten als zentralen Hebeln. So entsteht neues Business.

Ist es sinnvoll, sich von IT abhängig zu machen, die täglich angegriffen wird?
Jede neue Entwicklung birgt Chancen und auch Risiken. Das ist bei der Digitalisierung nicht anders. Gleichzeitig sind die Risiken, die aufgrund des Klimawandels auf uns zukommen, erheblich – genauso wie die Chancen, die sich ergeben, wenn wir diese Krise meistern. Es scheint uns gleichzeitig offensichtlich, dass die Cyberrisiken bisher noch zu wenig Aufmerksamkeit erhalten haben und an Bedeutung gewinnen, wenn die Vernetzung immer mehr zunimmt.

Welche technologischen Innovationen faszinieren Sie am meisten?
Spannend ist für mich zu beobachten, wie rund um die erneuerbaren Energien ein neues Stromversorgungssystem entsteht. Ich habe die Entwicklung der Photovoltaik von der Nischentechnologie in den 1980er-Jahren bis heute hautnah mitverfolgt. Heute sind die meisten Experten zur Überzeugung gelangt, dass PV gemeinsam mit der Windenergie die wohl wichtigste neue Produktionstechnologie sein wird – auch in der Schweiz.

Rettet uns die Technologie vor dem Klimawandel?
Technologie ist mit Sicherheit ein zentraler Teil der Lösung. Es braucht aber genauso sehr politische Lösungen. Umweltkosten sollten in die Preise einfliessen. So wird es möglich, diese Begrenztheit der Welt in unser Wirtschaftsleben miteinzubeziehen.