Kabinen, Drahtseile und das «Niederberger-Schiffli»
Seilbahnbauer sind ein Teil der Schweizer Industriegeschichte. In der Schweiz entwickelte sich schon früh ein ganzer Industriecluster, der den Seilbahnbau unterstützte.
Seilbahnbauer sind ein Teil der Schweizer Industriegeschichte. In der Schweiz entwickelte sich schon früh ein ganzer Industriecluster, der den Seilbahnbau unterstützte.
Da gibt es illustre alte Namen wie VonRoll oder Oehler Aarau. Einer der wichtigsten ist aber wohl der Dorfschmied Remigi Niederberger, der seine Firma 1881 gründete und ab 1898 rund um sein Heimatdorf Dallenwil im Kanton Nidwalden für Bauern die ersten Heuseile baute. Daran konnten die Bauern ihre Ernte in rasendem Tempo in die Tiefe sausen lassen.
Die Firma hat daraufhin vor allem in der Innerschweiz und im Wallis sehr viele kleine, kantonal konzessionierte Seilbahnen gebaut. Sie entwickelte auch eine eigene Kabine, das legendär-minimalistische, an den Döschwo erinnernde «Niederberger-Schiffli». Es bot ausreichend Schutz vor der Witterung und erlaubte ein sehr kurzes Gehänge – und damit relativ niedrige Seilbahnmasten. Erkauft wurden diese Vorteile mit teilweise abenteuerlichen Fahrpositionen während der Fahrt. Auf flacheren Strecken liegen die Passagiere fast in der Kabine, auf steileren müssen sie sich festhalten, um nicht aus dem Sitz zu kippen. Mittlerweile ist Niederberger in der Firma Inauen-Schätti aufgegangen, die sich auf kleine Seilbahnen und Schrägaufzüge spezialisiert hat.
Weitere Schweizer Unternehmen in der Seilbahnbranche sind die Firma Frey in Stans, die Seilbahnsteuerungen herstellt, und die grossen Seilbahnhersteller Garaventa und Bartholet. Ebenfalls entscheidend ist die Firma Fatzer in Romanshorn, die Drahtseile herstellt für Seilbahnen, aber auch für viele andere Anwendungen wie Glasfassaden, Stadion- und Hallendächer und Brücken. Das Unternehmen, das mittlerweile zu Brugg Cables gehört, ist einer der wichtigsten Seillieferanten für Toni «El Suizo» Rüttimanns Fussgängerstege.
Eine spezielle Rolle nimmt die Firma Gangloff in Bern ein, deren Seilbahn-Kabinenbau mittlerweile zu Bartholet in Flums gehört. Die Firma war ursprünglich ein klassischer Carrossier, der den Luxus-Chassis der teuren Automobilhersteller ein standesgemässes Kleid gab. Dazu hatte die Berner Firma im elsässischen Colmar eine Filiale, die praktisch ausschliesslich für Bugatti arbeitete, oft nach genauen Vorgaben von Ettore Bugattis Sohn, Jean Bugatti. In Bern wurden ebenfalls Luxusautos karossiert, etwa jene der Schweizer Hersteller Pic-Pic oder Martini, aber auch Postautos und Migros-Verkaufslastwagen. Und vor allem baute Gangloff sehr viele der heute romantisch anmutenden alten Standseilbahn-Kabinen und nach dem Krieg immer mehr Luftseilbahn-Kabinen.