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Kohle macht immer noch Kohle. Symbolbild KI
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Insider

Energiewende?

Die Welt ist nach wie vor fossil dominiert. Es geht im altbekannten Stil weiter. Das zeigen die neuen «Weltenergiezahlen 2023» des «Energy Institute».

Es braucht jetzt ein radikales Umdenken und eine Abkehr vom bisherigen Pfad. Dazu sollen bekannte Technologien eingesetzt werden. Zudem geht es ohne Verzicht nicht.

Der globale Primärenergieverbrauch ist 2023 um zwei Prozent zu einem neuen absoluten Höchstwert angestiegen. Noch nie wurde soviel Erdöl gefördert und verbraucht wie im Jahr 2023 – mit jeweils einem Wachstum von mehr als zwei Prozent. Auch andere fossile Energieträger nehmen zu: Kohle, Gas und die Kohleverstromung erreichen im 2023 neue Höchstwerte. War es das mit der Energiewende?

Angesichts dieser Fakten erstaunt es nicht, dass der Kohlendioxid-Eintrag in die Atmosphäre durch menschliche energetische Prozesse mit zusätzlichen 532 Millionen Tonnen einem neuen Rekordwert zugetrieben wurde. Die kontinuierliche Zunahme des in der Atmosphäre eingelagerten langlebigen CO2  geht dadurch ungebremst weiter. Und schliesslich wurde noch nie so viel Methan in die Atmosphäre entlassen wie im Jahr 2023, mit einem jährlichen Zuwachs von 5.5%. Die zusätzliche Aufheizung der Erde werden wir noch mehrfach und vielgestaltig zu spüren bekommen. Wer heute Wachstum verlangt oder wünscht, votiert für noch mehr Treibhausgase.

Geringer Anteil an Primärenergie-Produktion

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Fossile Energieträger sind immer noch prägend. 

Erneuerbare Energien, so ist es angedacht, sollten dereinst die fossilen als dominierende Energieträger ablösen. Doch so weit ist es noch lange nicht. Bei der Wasserkraft hat sich das moderate Wachstum früherer Jahre nun auf einem gewissen Level eingependelt; Solar- und Windenergie verzeichnen zwar rein rechnerisch stattliche Wachstumsraten auch im Jahr 2023 mit 24.2 bzw.10.3%, aber der Anteil aller erneuerbaren Energien an der Primärenergieproduktion beträgt bloss 13.2%. Die im Jahr 2023 mit erneuerbaren Energien produzierten zusätzlichen Energiemengen werden von der zusätzlichen fossilen Energie um das Zweieinhalbfache übertroffen. Die bisherigen jährlichen Wachstumsraten der Erneuerbaren vorausgesetzt, würde es 62 Jahre dauern, bis fossile und erneuerbare Energieträger ein Verhältnis von 50:50 erreicht haben.

Treibhauseffekt und Erderwärmung nehmen weiter zu: Unaufhaltsam hat der Anteil an atmosphärischem CO2 mit 421.08 ppm einen neuen Rekordstand erreicht; solange nicht entschiedener Gegensteuer gegeben wird, wird sich dies Jahr für Jahr wiederholen. Die Haupttreiber sind derzeit weiterhin die Staaten Süd- und Ostasiens; Nordamerika und Europa stagnieren, haben aber immer noch eine grössere «historische Schuld» als andere Erdteile, weil das CO2 sehr lange in der Atmosphäre verbleibt. Um den Treibhauseffekt und die Erderwärmung tatsächlich zu stoppen, wäre ein entschiedeneres Umdenken erforderlich. Zu beachten ist, dass der Umfang des atmosphärischen CO2  nicht nur durch den Verbrauch fossiler Energieträger zunimmt, sondern mit den durch die Erderwärmung hervorgerufenen Veränderungen wie dem Auftauen des nördlichen Permafrostgürtels zusätzlich angetrieben wird. 

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Die Wassertemperaturen der Weltmeere. Die Folge: mehr Starkregen, mehr Unwetter weltweit. 

Die klimatischen Konsequenzen können bereits eindeutig wahrgenommen werden wie der Vegetationsverlust infolge Dürren, die Feuerstürme die weite Landstriche verwüsten, die Überschwemmungen infolge bislang nicht bekannten Intensitäten von Starkregen, die Erwärmung der Ozeane, die reduzierte Kohlendioxidaufnahmefähigkeit der Ozeane, das Ansteigen des Meeresspiegels, das Abschmelzen von Gletschern und Polkappen etc.

Signal zum entschiedenen Handeln

Ein grundsätzliches Umdenken muss jetzt erfolgen, mit den vorliegenden bekannten und bewährten technischen Verfahren. Das Spekulieren auf neue und bloss gedanklich konzipierte Verfahren, deren Realisation noch aussteht und allenfalls noch Jahre oder Jahrzehnte dauern wird und deren Nebenwirkungen unterschätzt oder sogar unterschlagen werden, bringt uns nicht weiter. Solche «Lösungen» dienen vielfach bloss als Rechtfertigung, jetzt noch nicht handeln zu müssen. 

Wie oben aufgezeigt worden ist, nehmen die Anteile fossiler Energieträger trotz beachtlichen Wachstumsraten bei den erneuerbaren Energien nicht ab. Wollen wir tatsächlich Effekte in Richtung einer ökologisch und energetisch nachhaltigeren Welt erzielen, können wir dies letztlich nur mit mehr Bescheidenheit erreichen, mehr Bescheidenheit generell als Lebenshaltung wie auch in unseren Ansprüchen als Konsumentinnen und Konsumenten.

Wenn die Entwicklung weiter so verläuft, wie dies in den letzten Jahren der Fall war, so wird im Jahr 2024 die Kohle wieder zur dominierenden Energiequelle avancieren. Dies ist ziemlich das Gegenteil dessen, was im globalen Massstab eigentlich angestrebt war. Es ist einerseits Ausdruck des Scheiterns der bisherigen Strategien bedingt durch den fehlenden Willen für tatsächliche Veränderungen, andererseits sollte allein dies ein Signal sein zu einem entschiedeneren Handeln.

Letztlich stehen wir vor zwei grundsätzlichen Alternativen, die im Englischen mit den Worten «change by design» und «change by disaster» umschrieben werden. Dies heisst: entweder eine gewollte, geplante, kontrollierte und bewusst angegangene Transformation oder das unkontrollierbare Überwältigtwerden durch katastrophale Ereignisse (Umwelt, Kriege). Bezeichnend ist, dass in den letzten 40 Jahren der Primärenergieverbrauch und der CO2 -Eintrag in die Atmosphäre nur in zwei Jahren abgenommen haben: 2009 und 2020, bedingt durch die Auswirkungen der Finanz- und der Pandemiekrise.

Zu den Autoren

Josef Jenni ist ein international anerkannter Solarpionier und Energiefachmann; El. Ing. HTL, Gründer und Geschäftsführer der Jenni Energietechnik AG, Oberburg BE

Christian Moser ist Lic.phil.nat. (dipl. Geograph) / Politologe

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