Smart Grid ist mehr als ein digitaler Zwilling
Nur ein geschlossener Regelkreis ermöglicht ein automatisiertes Flexibilitätsmanagement.
Nur ein geschlossener Regelkreis ermöglicht ein automatisiertes Flexibilitätsmanagement.
Das exponentielle Wachstum von dominanten Erzeugern und Verbrauchern im Niederspannungsnetz zeigt das Spannungsfeld, in dem sich Verteilnetzbetreiber (VNB) heute befinden.
Bei einer theoretischen maximalen Ladeleistung von 2.2 GWpeak (falls alle 200'000 E-Fahrzeuge in der Schweiz gleichzeitig laden würden) und mit PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von über 6 GWpeak, kann nicht mehr von einer homöopathischen Dosis gesprochen werden. Um diese Zahlen in ein Verhältnis zu setzen: Die Stromspitzenlast in der Schweiz beträgt ca. 10 GW. Diese Entwicklungen machen die Evolution zum Smart Grid unausweichlich.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz basieren auf dem Stromversorgungsgesetz (StromVG) und der Energiestrategie 2050, welche die wesentlichen Richtlinien für den Umbau der Energieinfrastruktur vorgeben. Ein Ziel der Energiestrategie ist der sukzessive Ausbau von erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft. Dies erfordert die Entwicklung eines stabilen und flexiblen Netzes, um die dezentralisierte Erzeugung zu integrieren und Engpässe zu vermeiden. Auch das Stromversorgungsgesetz schreibt eine verstärkte Digitalisierung und Modernisierung der Netze vor, einschliesslich des Einsatzes von Smart Metering-Systemen, um Echtzeitdaten zu erfassen und die Transparenz zu erhöhen. Das netzdienliche Steuern wird durch den Distribution Code Schweiz, § 5.10.1 geregelt.
Ein wesentlicher Baustein im Aufbau eines Smart Grids für das Niederspannungsnetz ist der digitale Zwilling. Dieser bildet zwar bereits eine wichtige Grundlage, reicht allein aber nicht aus, um ein echtes Smart Grid zu schaffen. In diesem Kontext wird unter einem "digitalen Zwilling" ein virtuelles Abbild eines realen Systems verstanden, welches dessen Eigenschaften und Verhaltensweisen digital nachbildet. In der Energiebranche kann dies etwa ein detailliertes Modell eines Verteilnetzes sein.
Innerhalb der Smart Grid Operation Platform (SGOP) von VIVAVIS gibt es vier Produktausprägungen, wobei die erste Ausbaustufe, «SmartBase», einem digitalen Zwilling zur Niederspannungsnetzführung entspricht. Dieser ermöglicht die aktuellen Versorgungs- und Schalterzustände jederzeit und überall einzusehen und nachzuführen, wie in Abbildung 1 dargestellt. In einem elektrotechnischen Schemaplan einer Ortsnetzstation (ONS) oder Kabelverteilerschranks (KVS) sind die Schalterstellungen sichtbar und können in Echtzeit nachgeführt werden, wobei eine Schalterlaubnis- und Verriegelungsprüfung stattfindet. Durch die Einfärbung der Assets wird ein zusammenhängend versorgter Netzbereich kenntlich gemacht.
Über die Bedienoberfläche des digitalen Zwillings können ebenso Netzprovisorien wie Erdungen oder Kabeltrennungen geobasiert gesetzt werden. Resultierende elektrotechnische Effekte werden im SGOP-Rechenkern bei der Netzzustandsermittlung berücksichtigt. Dies ermöglicht eine präzise Steuerung des Leistungsflusses des Netzes, was für die Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen unerlässlich ist.
Es stellt sich die Frage, welche Mehrwerte der Versorgungsnetzbetreiber bereits mit einem digitalen Zwilling hat?
Sobald Echtzeitdaten wie abgangsscharfe Messungen aus Ortsnetzstationen oder Smart Meter-Daten hinzukommen, sprechen wir bei VIVAVIS von der zweiten Ausbaustufe SGOP SmartDisplay. Hierbei sind Messdaten, insbesondere aus Trafostationen wichtig und sollten minütlich erfasst und übermittelt werden. Die Übertragung kann über vielfältige Kanäle erfolgen: per klassischer Fernwirktechnik mittels IEC 104 sowie cloudbasierter Messgeräte, die Daten per REST API, MQTT oder anderen IoT-Protokollen in die Plattform einspeisen. Die Messdaten werden topologisch zugeordnet und bilden die Basis für weitere Funktionen und Überwachungen. Die Menge der Daten ist beachtlich: Spannungen, Ströme und Leistungen an durchschnittlich zehn Abgängen je Station sollen über beliebige Zeiträume hinweg in historischen Messwertverläufen einsehbar sein.
Wie in Abbildung 2 dargestellt, kann eine Echtzeit-Überwachung durch aussagekräftige Visualisierungen der Messdaten z. B. in Form von Heatmaps, Dashboard-Kacheln oder GIS-basierten Netzdarstellungen erfolgen. Diese Darstellungen bieten u. a. einen klaren Überblick darüber, welche Transformatoren und Leitungen aktuell am stärksten belastet sind.
Diese fortschrittlichen Möglichkeiten machen den digitalen Zwilling zu einem wichtigen Werkzeug, das jedoch noch kein umfassendes Smart Grid ausmacht. Ein Smart Grid erfordert mehr als nur die Darstellung der Netzstruktur und -zustände. Es geht um die aktive Steuerung und Optimierung des Leistungsflusses in Echtzeit sowie Prognosen und Simulationen.
Ein echtes Smart Grid entsteht, wenn der Regelkreis wie in Abbildung 3 dargestellt, geschlossen wird.
Hier setzt das VIVAVIS System an: Die SGOP beinhaltet nicht nur die Visualisierung, sondern schliesst den gesamten Regelkreis bis zur tatsächlichen netzdienlichen Steuerung.
Durch die Nutzung von Prognosen und Echtzeit-Lastflussrechnungen wird ein automatisiertes Flexibilitätsmanagement ermöglicht. Überlastungen und Instabilitäten im Ortsnetz werden automatisch erkannt wie in der Abbildung 4 dargestellt und gemäss Distribution Code Schweiz, § 5.10.1 durch netzdienliche Massnahmen behoben – ohne menschliches Eingreifen. Der errechnete Befehl wird über geeignete Schnittstelle bereitgestellt, sodass die Weitergabe in Richtung Feldebene erfolgen kann.
Die VIVAVIS Plattform wurde konsequent auf Automatisierung ausgerichtet. Gründe dafür sind die riesigen Datenmengen und die Vielzahl steuerbare Verbrauchseinrichtungen, die nicht mehr beherrschbar sind, insbesondere angesichts des Fachkräftemangel, der Pensionierungswelle von Babyboomern und den steigenden wirtschaftlichen Erwartungen. Hierbei gilt die Prämisse: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Für Analysen und Entscheidungsfindungen erweitert die SGOP etablierte VIVAVIS-Komponenten, die seit Jahrzehnten erfolgreich im Markt eingesetzt werden. Dazu gehören Leittechnik-Komponenten wie die Lastflussrechnung und Knoten-Last-Anpassung bei unterbestimmten Netzabschnitten. Das Prognosemodul nutzt Stamm-, Wetter- und historische Messdaten, um Vorhersagen und Zusammenhänge mit selbstlernender KI zu erstellen.
Für den Bediener präsentiert sich die Plattform mit einer neu konzipierten Web-GUI. Diese benutzerfreundliche Oberfläche stellt sicher, dass die Bedienung intuitiv und effizient bleibt und technische Komplexität möglichst reduziert und abstrahiert wird.
Die integrierte Plattform stellt für den VNB einen zentralen Baustein zur Schaffung eines Smart Grid bereit. Neben der eigentlichen Softwarelösung, sind gleichermassen die Ein- und Ausgangskanäle inklusive der damit verbundenen Prozesse zu betrachten. VIVAVIS hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Vielzahl an Komponenten bereitzustellen, die für die Realisierung eines effektiven Smart Grids erforderlich sind. Diese ganzheitliche Herangehensweise hebt VIVAVIS vom Wettbewerb ab.
Abschliessend gilt, dass der digitale Zwilling eine essenzielle Grundlage für den Aufbau eines Smart Grids bildet, jedoch nicht allein ausreicht, um die komplexen Anforderungen eines solchen Systems zu erfüllen. Durch einen modularen Aufbau kann die SGOP schrittweise eingeführt werden, um die Grundlage für ein automatisiertes netzdienliches Steuern gemäss Distribution Code Schweiz, § 5.10.1 ohne menschliches Zutun zu schaffen. VIVAVIS bedient den Gesamtprozess von der messtechnischen Erfassung, über das Ableiten einer Steuerungsmassnahme bis zur Übermittlung des Dimmbefehls an die Endgeräte.
Kontakt:
VIVAVIS Schweiz AG
Täfernstrasse 4
5405 Baden-Dättwil
Simone Bachmann
simone.bachmann@vivavis.ch
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