Energie sparen und sich trotzdem in den eigenen vier Wänden wohlfühlen: Mit diesem Versprechen verhalf Minergie der Gebäudeeffizienz in der Schweiz zum Durchbruch.
Wie man mit weniger Energieverbrauch komfortabler leben kann
«Die Haupterkenntnis der Minergie-Pioniere war, dass man mit weniger Energieverbrauch komfortabler leben kann», sagt der Geschäftsleiter des Vereins Minergie, Ingenieur Andreas Meyer. Zwar gab es immer wieder Bestrebungen, Häuser besser zu isolieren und dichtere Fenster zu installieren. Allerdings ging das auch einher mit Kampagnen, die Heizung zurückzudrehen. Das erschien den Konsumenten als erzwungene Askese und kam nicht gut an.
46 000 Minergie-Häuser
Der Minergie-Standard warb deshalb von Anfang an mit komfortablerem Wohnen: keine kalten Wände, keine ungleiche Wärmeverteilung im Haus trotz glühender Heizkörper – und das mit tieferem Energieverbrauch. Diese Argumentation hat funktioniert, vor allem als die Kantone die Idee zu unterstützen begannen und die Banken mit günstigeren Hypotheken für Minergie-Häuser nachzogen. Heute gibt es in der Schweiz rund 46 000 Minergie-zertifizierte Häuser, rund vier bis fünf Prozent aller Gebäude.
4–5% aller Häuser in der Schweiz sind Minergie-zertifiziert.
Ähnlich viele Häuser wurden «Minergie-ähnlich» oder «Minergie-äquivalent» gebaut. Bei ihnen wurde jedoch nicht nur die Zertifizierung gespart – die kostet nur 1200 Franken. Oft fehlt die kontrollierte Lüftung, ein zentraler Baustein des Minergie-Standards. Denn alte Gebäude lüften sich durch ihre undichte Gebäudehülle selber. Moderne, dichte Häuser dagegen müssen systematisch gelüftet werden, sonst bildet sich Schimmel. Die Fenster sollten dafür die meiste Zeit geschlossen bleiben, um die Wärmeisolation nicht wirkungslos zu machen. Natürlich dürfen sie auch in einem Minergie-Haus geöffnet werden, etwa um im Sommer nachts zu kühlen. Doch für den konstanten Luftaustausch ist die Lüftung zuständig.
Minergie digital
Mittlerweile gibt es die Standards Minergie, Minergie-P, Minergie-A und Minergie-Eco sowie Kombinationen davon. Minergie im Neubau bedeutet mindestens ein Viertel weniger Energieverbrauch als aktuelle, nicht zertifizierte Neubauten. Minergie-P-Häuser entsprechen dem Passivhaus-Standard und brauchen fast keine zusätzliche Heizung mehr. Minergie-A-Häuser produzieren mit Solarenergie-Installationen mehr Energie, als sie übers Jahr benötigen, und der Eco-Standard erweitert die anderen Standards um das Element der Bauökologie und der nachhaltigen Materialien.
Zukünftiger Schwerpunkt von Minergie wird laut Andreas Meyer die Qualitätssicherung sein. «Oft mangelt es an Koordination und Zusammenarbeit zwischen Architekten, Planern und Handwerkern und noch öfter zwischen den Nutzern», sagt er. Diese wüssten oft nicht, was ihre Gebäude könnten und wie sie richtig bewirtschaftet würden. Hier müsse Minergie ansetzen – und gleichzeitig das Ziel des bezahlbaren Wohnraums im Auge behalten. Wohneigentum werde aufgrund steigender Preise für immer mehr Menschen in der Schweiz unerschwinglich. Meyer betont, dass es wichtig sei, neue Möglichkeiten der Kostenreduktion auszuschöpfen. Dazu gehören standardisierte Gebäude und digitalisierte Planungsabläufe. Das würde Minergie-Häuser gegenüber konventionellen Bauten nicht zu gleichen, sondern zu tieferen Kosten ermöglichen – und mit mehr Komfort.
Zertifizierter Mehrwert
Die Kernelemente des Minergie-Standards sind eine hoch gedämmte, luftdichte Gebäudehülle, Heizung durch nichtfossile Energieträger, kontrollierte Belüftung und bei Neubauten auch eine vorgeschriebene Eigenproduktion von Strom, zum Beispiel mithilfe photovoltaischer Elemente. Bauherren erhalten dadurch einen anerkannten Mehrwert: Minergie-Häuser haben einen höheren Wiederverkaufswert, Banken geben für zertifizierte Gebäude günstigere Hypotheken, und in einigen Kantonen ist die zulässige Ausnützungsziffer für Minergie-Gebäude höher.