Es ist eine lange Liebesgeschichte, jene von Strom und Architektur. Schon frühe Kraftwerksbauten waren bis ins Detail durchdesignt. Peter Behrens, ein Lehrer von Le Corbusier, setzte für AEG nicht nur Fabrikhallen und Bürogebäude in ein einheitliches Design, sondern jedes Detail – vom Turbinengehäuse über elektrische Schalter bis hin zur Schrift.
In den USA, etwa in Austin oder Baltimore, sind eindrückliche ehemalige Kraftwerke zu zentral gelegenen Shoppingcentern geworden. Das gigantische, gegenwärtig auf eine neue Nutzung wartende Londoner Battersea-Kraftwerk wurde in grosszügigem Art déco gebaut, allerdings nicht ganz freiwillig. Die naheliegende Tate Gallery fürchtete 1927 einen hässlichen Klotz in ihrer Nähe. Die Kraftwerksgesellschaft engagierte deshalb den Architekten Giles Gilbert Scott. Der hatte auch die berühmten roten Telefonkabinen gestaltet und baute nach dem Krieg das Ölkraftwerk Bankside Powerstation, das seit seiner Stilllegung die Tate Modern beherbergt.Auch die Schweiz hat ihre Kraft-Architektur. Die Kraftwerke der SBB aus den 1910er- und 1920er-Jahren kommen oft in üppigem «Bundes-Barock» daher. In Graubünden gestaltete Nicolaus Hartmann jun. das Kraftwerk Küblis wie eine Kirche – mit der Maschinenhalle als Kirchenschiff und dem Kommandoraum im Chor. Die Kraftwerke Robbia, Palü und Cavaglia und die dazugehörigen Staumauern des Lago Bianco auf dem Berninapass zeichnete er so, als wären sie ein zusammenhängender Burgenkomplex, passend zu den ebenfalls von ihm gebauten Hotels und RhB-Bahnstationen der Region. Nach dem Krieg verkroch sich die Grandezza immer mehr ins Bergesinnere oder versteckte sich hinter simpler Zweckarchitektur – mit einigen schönen Ausnahmen wie die Maschinenhalle des Kraftwerks Birsfelden oder das Gaskraftwerk Lausward bei Düsseldorf. Es strahlt nachts als grüne Lichtskulptur.