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@unsplash Hannah Busing
Gemeinden und Städte

Energie unter Nachbarn: von Microgrid bis LEG

Seit Januar 2025 dürfen Solaranlagenbesitzer ihren Strom den Nachbarn verkaufen. Der sogenannte «virtuelle Zusammenschluss zum Eigenverbrauch» (kurz vZEV) ist eine Alternative zum Einspeisen ins öffentliche Stromnetz.

Bisher hatten Photovoltaik-Besitzerinnen und -Besitzer kaum eine Wahl, als ihren Strom dem Energieversorger zu tendenziell sinkenden Preisen zu verkaufen. Für den Energieversorger ist das kein gutes Geschäft. Er muss Strom abnehmen, den besonders im Sommer niemand braucht. Darum propagieren Experten seit Langem: Leistungsspitzen gehören nicht ins Verteilnetz.

Statt der Rückspeisung darf man seit Jahresbeginn den Strom seinen Nachbarn verkaufen. Bisher war dies nur hinter einem Stromzähler – im Mehrfamilienhaus – möglich, nun dürfen auch Nachbarn in anderen Gebäuden mit dem vZEV einbezogen werden. Mehrere Netzanschlüsse und Smart Meter sowie weitere Photovoltaik-Anlagen in der Nähe werden so zu einem einzigen virtuellen Endverbraucher zusammengefasst. Damit das klappt, muss die Leistung der Solaranlage mindestens zehn Prozent der Anschlussleistung des ZEV/vZEV betragen. Die Gründung ist ziemlich einfach; zusätzliche Leitungen oder Zähler sind nicht notwendig.

Technische Machbarkeit klären

Für den Verkauf braucht es einen ZEV-Verantwortlichen, in der Regel den Eigentümer des Mehrfamilienhauses oder die Liegenschaftsverwaltung. Der so verteilte Strom ist günstiger als Strom aus dem Netz. Der erhöhte Eigenverbrauch vor Ort leistet zudem einen Beitrag an die Stabilisierung des Energiesystems der Schweiz. Lokale Produzenten wiederum erhöhen die Wirtschaftlichkeit ihrer Solaranlage, indem sie zu einem höheren Preis als dem geltenden Rückliefertarif verkaufen.

Einfacheres Praxismodell

Vor der Gründung eines ZEV braucht es eine Abklärung der technischen Machbarkeit. Nicht alle Energieversorger bieten die Gründung von ZEVs an, einige dafür das sogenannte «VNB Praxismodell» der Versorgungsnetzbetreiber. Hierbei entfallen für den Anlagenbesitzer die aufwändige Administration sowie die Zählerinfrastruktur. Mieterinnen und Mieter bleiben dabei Kunden des Versorgungsnetzbetreibers.

Ab 2026: LEG und dynamische Netznutzungstarife

Der Bundesrat hat kürzlich das zweite Verordnungspaket zum neuen Stromgesetz lanciert und mit den Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) sowie dynamischen Netznutzungstarifen zwei herausragende Neuerungen eingeführt. Wie, wann und ob diese neuen Möglichkeiten von Energieversorgern genutzt werden, ist noch offen. Sicher ist: Es braucht dafür Smart Meter, also digitale Stromzähler.

Das müssen Sie wissen:

  • LEG ermöglichen die lokale Vermarktung des selbst erzeugten Stroms über das öffentliche Netz innerhalb eines Quartiers oder auch einer Gemeinde. Der gehandelte Strom profitiert von einem reduzierten Netznutzungstarif. Die Verordnung legt dafür einen Abschlag von 40% (20% bei Nutzung mehrerer Netzebenen) fest. Teilnehmenden müssen sich in derselben Gemeinde und bei demselben Netzbetreiber befinden.
  • Dynamische Netznutzungstarife sind für flexible Endverbraucherinnen und Endverbraucher ein Anreiz, ihren Stromverbrauch an die Netzbelastung auszurichten und damit das Stromnetz zu entlasten – also das E-Auto nicht über Mittag zu laden oder die Waschmaschine in Randzeiten zu starten. Die Verordnung erlaubt zeitlich oder örtlich differenzierte Netztarife. Ein hoher Tarif bedeutet Netzengpässe. Der Netznutzungstarif macht rund ein Drittel der Stromrechnung aus.