«Jetzt hast du aber ziemlich viel Blech über AKW erzählt», tadelte Helion-CEO Noah Heynen den Präsidenten der Mitglied der parlamentarischen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N), also einen hohen Energiepolitiker: Christian Imark entstammt dem Stall der SVP, wie Bundesrat Albert Rösti, der gleichentags den «indirekten Gegenvorschlag» zur Blackout-Initiative durch den Bundesrat brachte, der das dem Volkswillen entsprechende AKW-Verbot aus dem Gesetz streichen will.
Auf dem Podium redete sich Imark um Kopf und Kragen und stimmte eine Lobeshymne auf die Atomkraft an. Diese funktioniere gut und es gebe keine negativen Erfahrungen mit AKW. Was Noah Heynen im Podiumsgespräch zu seiner Blecheinschätzung brachte und Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone zur Aussage, Bundesrat Rösti sabotiere die Energiewende.
Das Konzept des aeesuisse Kongresses 2024 im Haus der Wirtschaft in Pratteln sah eine Standortbestimmung vor: «Von der Vision zur Versorgungssicherheit» war der Anlass überschrieben und tatsächlich offenbarten sich im Lauf des Tages Stolpersteine menschlicher oder technischer Natur.
Menschliche Stolpersteine
Zur Eröffnung des Kongresses am Morgen ging es um den liberalisierten Strommarkt. Und um das Allzumenschliche, die Angst vor Europa. Nationalratspräsident Eric Nussbaumer: «Es ist eine Illusion, dass wir irgendwas im Strombereich alleine machen könnten.» Kein Stromabkommen zu haben, sei schlecht für die Schweiz. Die grösste Gefahr, der wir uns aussetzten sei die Beschränkung der Importkapazitäten. «Den Mythos Alleingang müssen wir bekämpfen.» Für Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) e.V., dem Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche in Deutschland, ist die Zusammenarbeit mit der Schweiz nicht nur eine technische Frage, sondern: «Die Schweiz könnte in der Klima- und Energiepolitik eine Vermittlerrolle einnehmen.» Später im Podiumsgespräch präzisierte sie ihre Idee: «Die Klimakrise muss immer wieder auch mit Diplomatie gelöst werden.»
Betreffend Strommarktliberalisierung gab sich Nussbaumer optimisch, jedoch: «630 Verteilnetzbetreiber haben gefangene Kunden, die gibt niemand gerne auf!» Schmunzeln im voll besetzten Saal.
Technische Hürden
Die Energiewende hat gerade erst begonnen und dennoch geht in bürgerlichen Kreisen die Angst um, es reiche nicht mit der Wende, es brauche AKW. Derweil haben die Verteilnetzbetreiber ganz andere Herausforderungen zu bewältigen: «Jede neue Ladestation ist für uns wie ein Einfamlienhaus», sagte Andreas Ebner, Leiter Netzplanung und Projekte bei BKW Power Grid. Deshalb braucht es bis 2050 viele neue Trafostationen, bei immer knapperem Platzangebot. Kennt die Telekombranche zur Genüge.
Aber das Verteilnetz müsse gar nicht auf die installierte Leistung ausgelegt werden, so Christof Bucher, Professor für Photovoltaiksysteme an der Berner Fachhochschule, denn: «Man muss nicht alles dumm ans Netz anschliessen.» Leistungsspitzen gehörten nicht ins Verteilnetz, diese seien wertlos. Es brauche somit eine Leistungs- und Energieoptimierung, etwa mit Anreizen für netzdienliches Verhalten. Andreas Ebner, Leiter Netzplanung und Projekte bei BKW Power Grid bestätigte in der Fragerunde: «Wir müssen uns als Gesellschaft daran gewöhnen, einen Teil der Solarenergie wegzuschmeissen, wenn sie nichts wert ist.»