Der vergessene Baustoff
Stein ist schön und ökologisch und kann sehr viel Beton ersetzen.
Jeder kennt einen Steinmetz. Er trägt weiss-blau gestreifte Hosen und ist als Kind in einen Kessel mit Zaubertrank gefallen. Doch wozu Steinmetze fähig sind, neben Fassaden, Küchenabdeckungen und Hinkelsteinen, ist in der Baubranche weitgehend vergessen gegangen. In strukturell tragender Funktion kommt Stein in neuen Gebäuden kaum mehr vor.
Dabei ist Stein hochmodern – seit Jahrtausenden. Die Steinmetze der Antike nahmen die moderne Fertigbauweise vorweg. Sie bauten ihre Tempel aus vorgefertigten Steinrädern, die sie auf der Baustelle zu Säulen stapelten.
Die Griechen perfektionierten die vorindustrielle Serienproduktion von Steinprodukten. Sie stapelten die Säulen ihrer Tempel aus vorgefertigten Steinelementen aufeinander. In den Ruinen von Selinunt auf Sizilien ist das deutlich erkennbar, ebenso wie die Löcher, in denen mit Holzkeilen Haken eingehängt wurden, um die Steine mittels Seilzügen an ihren Platz zu hieven.
Dank dem Bau des Canal du Midi in Südfrankreich im 17. Jahrhundert wurden vorproduzierte Brücken fixfertig nach Paris geliefert – jeder Stein markiert, zusammenbauen, fertig. Zu besonderer Meisterschaft brachten es britische Leuchtturmbauer. «Fastnet Lighthouse» am südlichsten Punkt Irlands wurde zwischen 1897 und 1904 gebaut, aus präzise geschnittenen Granitklötzen, die mit Schwalbenschwanzprofilen ineinandergreifen. Sie machen den Turm zu einem einzigen grossen Monolithen.
Mit modernen Maschinen lassen sich grössere, präzisere Blöcke direkt im Steinbruch zuschneiden. Das Resultat sind spektakuläre Bauten, in denen der Stein sehr viel Beton ersetzt. Das ist dauerhafter und viel ökologischer. Fürs Zusägen und für den Transport des Steins werden rund 85 Prozent weniger Treibhausgase emittiert als bei der Betonproduktion. Führend in dieser neu-alten Technik sind französische Steinbrüche. Obelix wäre stolz darauf. Zur Ausbildung seiner Kollegen gehört auch das Wissen über strukturelle Eigenschaften des Steins. Frankreichs Steinbrüche geben ihren Produkten deshalb Festigkeitszertifikate mit. Das macht es für Architekten viel einfacher, ihre neuen Steingebäude richtig zu dimensionieren. Willkommen in der neuen Steinzeit, beim Teutates!
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